Die Geringschätzung der Worte
Die Geringschätzung der Worte im Zeitalter unendlicher und sich vermehrender Worthülsen und der sich parallel dazu entwickelnden Slogan-Kultur ist eine traurige Analogie zum Erfolgsprinzip extrahierter aus dem Kontext genommender kopierter Kunst und Popkultur. Gleichsam wird dem Wort während seiner durch das Netz vorangetriebenen Inflation immer weniger Bedeutung beigemessen, was daran liegt, dass man als Grundlage der Messung nicht dessen schillernde und aufregend variable Deutungen, sondern die Hülsen in der sich (re)produzierenden Neuzeit nimmt. Jede große Kunst wurde durch derer schnöder liebloser Duplikaterie, durch ihrer sinnentlehrten Vervielfältigung bei gleichsam abnehmender Qualität und historisch sinkendem Wert irgendwann entlehrt, zerstört.
So starb das Gemälde im Sumpf von expressionistischer Scharlatanerie, Salonmalerei und Picasso Tapeten, das Wort im Blätterwald der Klatschzeitungen und im Äther des digitalen Zeitalters der Leser-Kommentare, und die Musik im Haifischbecken der hinzugekommenden Makler, Manager und wachsenden Plattenfirmen. Alles wird am Ende irgendwann ausgeschlachtet bis es ausgebrannt ist und der ganze darum entstandene Beutel aus Schleim endlich wieder vertrocknet. Erst dann ist es wieder möglich auf diesem Boden kleine kostbare Blumen wachsen zu sehen. Nur sollten wir vorsichtig mit zynischem Abtun dieser vermeintlich unausweichlichen historischen Zyklen sein, denn sie sind weniger oberflächlich als angenommen. Denn was kann uns noch retten wenn durch die Geringschätzung der Worte alles was uns einst ausmachte mit ihnen stirbt, weil sie Teil des Prozesses waren, der uns zu dem machte was wir heute sind während wir unsere Hände nach dem Universum ausstrecken. Nur etwas weitaus Höheres kann diese ersetzen und dass ist zur Zeit noch nicht in messbarer Reichweite.