Das politische Phantom: Berlin
Berlin ein ewiger Abschied, heißt der 2. Band aus meinem Zyklus: Wendekinder. Beides Geschichtensammlungen von mir, angefangen in den frühen 1990-ern. Beide keine Ost-West-Geschichten-Sammlungen, wie man vermuten würde. Eher relativierend, aus der Sicht einer Generation, die kaum zu Wort gekommen ist in der Debatte nach der Mauer. Die Generation, die aus heutiger Sicht zu gleichen Teilen auf beiden Seiten gelebt hat, wenn man überhaupt wirklich von Seiten reden kann.
Das Heute will bemerkt haben dass sich Berlin nach Gestern, der Mauer, stark verändert hat. Aber Berlin war immer im Wandel. Seit seiner Gründung. Berlin war immer Tor von Ost nach West, West nach Ost, von Nord nach Süd und umgekehrt. Zur Zeit der Mauer war es nur in einem von manch einen wohl zurückgesehnten Winterschlaf, der im Wandel der Jahrunderte allemal ein Wimpernschlag bedeutet. Die einschneidenden Spuren in Berlin sind lange vor dem Mauerbau hinterlassen worden und bereits jetzt schon, 20 Jahre danach, ist kaum noch etwas von der Mauer zu spüren. Es sei denn man ist Tourist und sucht die entsprechenden Orte auf. Für das Tourismusgeschäft war der Mauerbau wahrscheinlich die lukrativste aber auch aufwendigste Werbeaktion, die es jeh im Rahmen von historischen Ereignissen gegeben hat.
Ob ich den Ost-West-Konflikt herunterspiele, wurde ich im Zuge der Erwähnung meiner Gedanken dazu oft gefragt: Nein. Aber der Kalte Krieg ist nur ein Wort, welches eine bestimmte Handlungsweise in die Grenzen einer bestimmten Zeit zwängen will, während es selbige politische Umstände und Aktionen bereits lang davor und auch danach gegeben hat. Und geben wird. Es ist der Krieg der Kontinente. Und der ist so alt wie die Schifffahrt. Und wenn man die Erdkugel dreht: Ist Osten Amerika und Westen der russische und asiatische Raum.
Und eine östliche oder westliche Menthalität in Deutschland gibt es auch nicht. Das ist Provinz-Philosophie. Es gibt allenfalls so etwas wie geprägte Generationen einer Zeit, so wie es Generationen gab, die vom 2. Weltkrieg geprägt waren, oder Hamburger die eine andere politische Ära durchlebten als Münchner zur selben Zeit. Und diese vermischen sich mit lokalem Kolorit, welches es aber auch vorher schon gab. Vorpommern war immer schon anders als Bayern, das hat nichts mit Ost und West zu tun. Bin ja mal gespannt wann das aufhört, das man solchem vermeintlich identitätsstiftenden Irrsinn glauben schenkt. Aber da wird es sich wahrscheinlich genauso verhalten, wie mit den Weltkriegsgenerationen. Die Denkweise stirbt mit den Menschen.